In der zweiten Ausgabe der Wir im Land in diesem Jahr erschien der Artikel „Keine Ausnahme für Glyphosat in Naturschutzgebieten!“. In der damals abgegebenen Stellungnahme zu den bei der oberen Naturschutzbehörde eingegangenen Anträgen von Landwirten auf Ausnahmegenehmigungen zur Nutzung von Glyphosat in Naturschutzgebieten, wies der Landesverband der Natufreunde Rheinland-Pfalz auch auf die nicht einzuschätzenden Risiken der Ausbringung von Glyphosat hin und thematisierte mitunter die Problematik der Verbreitung über die Luft. Ende September dieses Jahres haben das Umweltinstitut München e. V. und das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e. V. eine Studie veröffentlicht, die beweist, dass die weiträumige Verbreitung von Pestiziden über die Luft keine Randerscheinung, sondern flächendeckend in Deutschland nachzuweisen ist. Die Forscher*innen fanden an 163 Standorten in ganz Deutschland über die Analyse von technischen Passivsammlern, aber auch von Bienenbrot, Filtermatten von Be- und Entlüftungsanlagen und Baumrinde insgesamt 138 Stoffe, die auf landwirtschaftliche Quellen zurückzuführen sind. An drei Viertel der Messstandorte wurden fünf bis 34 Pestizidwirkstoffe gleichzeitig nachgewiesen. Besonders erschreckend: Von den insgesamt 138 gefundenen Pestizidwirkstoffen waren 30 % zum jeweiligen Messzeitpunkt nicht mehr oder noch nie zugelassen. Glyphosat ist laut dieser Studie der in Deutschland am weitesten in der Luft verbreitete Wirkstoff. Auf biologisch bewirtschafteten Äckern, in Städten und Schutzgebieten und selbst auf der Spitze des Brockens im Nationalpark Harz waren Pestizide nachweisbar. Wie hoch die Konzentrationen dieser Wirkstoffe in der Luft sind und welche Auswirkungen dieser „Pestizid-Cocktail“ auf uns und andere Lebewesen hat, ist noch nicht erforscht. Ein Schwerpunkt der im Rahmen des europäischen Green Deals kürzlich veröffentlichten Chemikalienstrategie ist die Berücksichtigung dieser „Cocktail-Effekte“ von Chemikalien bei der Risikobewertung.
Die europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ fordert u. a., dass der Einsatz von synthetischen Pestiziden bis 2030 um 80 Prozent reduziert wird und dass bis 2035 die Nutzung von synthetischen Pestiziden in der EU komplett verboten wird. Aufgrund der Corona-Situation wurde die Initiative bis Ende März 2021 verlängert. Bis dahin müssen mindestens 1 Millionen Unterschriften gesammelt werden.